Kreistagsfraktion besuchte Staatsdomäne Frankenhausen

v.l.n.r.: Juliane Kothe, Edmund Borschel, Katharina Mittelstraß (Staatsdomäne Frankenhausen) und Anja Käkel.

Eine kleine Delegation der GRÜNEN Kreistagsfraktion besuchte Ende Mai 2023 die Hessische Staatsdomäne Frankenhausen, um den dortigen Wirtschaftsbetrieb in seinen vielfältigen Facetten besser kennenzulernen. Die Co-Fraktionsvorsitzende Juliane Kothe wurde begleitet von der agrarpolitischen Sprecherin der Fraktion Anja Käkel, dem Fraktionsgeschäftsführer Robert Wöhler und dem Stellvertretenden Kreistagsvorsitzenden der GRÜNEN, Edmund Borschel. Beim etwa zweistündigen Rundgang durch das weitläufige und fast 320 ha große Betriebsgelände bekamen die KreisparlamentarierInnen durch Frau Katharina Mittelstraß einen guten und plastischen Einblick in die einzelnen Arbeitsbereiche: Ackerland mit 207 ha (bei Bodenwertpunkten von bis zu fast 90) und 39 ha als Grünlandbewirtschaftung. Dem landwirtschaftlichen Versuchswesen stehen über 40 ha für Feldversuche zur Verfügung und weitere 24 ha dienen als Blüh- und Naturschutzbereiche der Biotopvernetzung. Hier sollen vor allem Umweltschutz, landwirtschaftliche Nutzung und Artenschutz in Einklang gebracht werden.


Besonders beeindruckt hat uns beim Rundgang der “Kuhstall“ mit der vom Aussterben bedrohten Zweinutzungsrasse “Deutsches Schwarzbuntes Niederungsrind”. Dieser wurde nach neuestem Standard für das Tierwohl aber auch unter ökologischen und technologischen Gesichtspunkten entwickelt. Bei der Tierhaltung wurde seit 1998 eine Milchviehherde mit ca. 100 Kühen und mit Unterstützung zahlreicher Sponsoren (Stiftungen, Firmen und Privatpersonen) in Ostfriesland, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Hessen gekauft.


Seit Juni 2001 werden die Kühe im neu errichteten Milchviehstall gemolken. Es handelt sich um einen Laufstall, der je zur Hälfte aus Liegeboxen und Tiefstreu besteht. Die Laufgänge sind planbefestigt, alle Tiere haben Zugang zum Laufhof mit einer “Kuh-Selbstreinigungsbürste“, die von den Rindern gern genutzt wird (s. anhängende Fotos). Der Stall liegt auch in direkter Nachbarschaft zu den Grünlandflächen, um Weidegang zu ermöglichen. Gemolken wird in einem Doppel-Sechser-Fischgrätenmelkstand computergesteuert ohne Menschenhand und mit automatischer Milchmengenmessung pro Melkvorgang und Kuh. Die Milch wird als Biomilch über die Upländer Bauernmolkerei in Usseln vermarktet. Die Nachzucht wird in einem Ende 2007 neu errichteten Offenfrontstall in Gruppenbuchten auf Tiefstreu gehalten. Die gesamte weibliche Nachzucht bleibt zur Bestandsergänzung bzw. zur Mast auf dem Betrieb. Die Kälber werden nicht enthornt. Derzeit vervollständigen vier Bullen die Rinderherde, die zur Besamung genutzt werden.


Nebenprodukt der Viehhaltung ist u.a. die Nutzung der Gülle, die an eine Biogasanlage geliefert wird und die gewonnen Trockenprodukte werden wieder als Trockenprodukte bzw. Bio-Substrat auf die Felder gebracht. Auch in diesem Bereich wirkt die “Kreislaufwirtschaft“. Ebenso wird das Fleisch der Rinder nach der Schlachtung in einem regionalen Fleischereibetrieb zu Bio-Nahrungsmitteln weiterverarbeitet.
Nach der letzten Schweinepest werden keine Freilandschweine mehr gehalten, da die Auflagen dafür einfach zu hoch waren.
Dagegen wurde 2010 ein Altgebäude zu einem Winter-Legehennenstall für 700 Legehennen umgebaut. Im Sommer leben dort die Hühner in einem selbst entwickelten Mobilstall auf Ackerfutterflächen.

Regionale Strahlkraft


In die Region hinein wirken die Gartenparzellen für alle. Ab Mitte Mai werden gegen Zahlung eines einmaligen Saisonbeitrags Gemüseparzellen von ca. 80 oder 40m² “verpachtet” und “GartenliebhaberInnen“ können verschiedene Gemüsearten und Kräuter mit Saatgut oder Kleinpflanzen vom dortigen Hofladen bepflanzen. Von da an pflegt und erntet jeder sein Gemüse auf der eigenen Parzelle bis zum Herbst selbst.


“Neben der Erzeugung von Grundfutter (Klee- und Luzernegras) und Getreide liegt der Schwerpunkt auf Hackfrüchten: Kartoffeln, Möhren, Rote Bete und Zwiebeln werden auf rund einem Drittel der Ackerfläche angebaut und zum großen Teil auch in den beiden neu errichteten Kühlhallen eingelagert und den Winter über vermarktet.“ (s. Homepage der Domäne)


Die im Wirtschaftsbetrieb erzeugten Ackerfrüchte bestehen aktuell aus 6 Sorten und werden auf unterschiedlich großen Flächen (zwischen 11 ha und 70 ha) angebaut, geerntet, lokal im Wirtschaftsbetrieb verfüttert oder überregional vermarktet.


Auf Nachfrage der ParlamentarierInnen, welche Potentiale für eine regionale Vermarktung dieser Produkte u.a. in kreiseigenen Liegenschaften bestehen könnten, verwies Frau Mittelstraß darauf, dass der größte Teil der auf der Domäne geernteten Produkte nicht direkt in unseren Kantinen genutzt werden könnten, da sie zunächst im großen Stil gesäubert werden müssen. Dies erfolgt bei den Handelsketten über andere Zwischenbetriebe. Fazit: Die Bio-Ware ist zwar regional vorhanden, an der Logistik zur Direktvermarktung für unsere Landkreiseinrichtungen muss aber noch gearbeitet werden.


Zusammenarbeit mit der Universität Kassel


Positiv gestaltet sich seit der Übernahme der Domäne durch die Universität Kassel die Zusammenarbeit mit einzelnen Fachbereichen. Hier werden Synergie-Effekte genutzt. So gab es schon zu Beginn vor 25 Jahren Überlegungen, die Tierhaltung wieder aufzunehmen. Dabei sollte nicht nur eine Lehr- und Forschungsressource für die Nutztierwissenschaften des Fachbereiches Ökologische Agrarwissenschaften geschaffen werden, sondern auch das in der Fruchtfolge anfallende Futter sinnvoll verwertet und eine Kreislaufwirtschaft zwischen Boden, Pflanze und Tierhaltung ermöglicht werden.


Während unseres Besuches waren auch mehr als 100 Studierende vom Kasseler und Witzenhausener Standort der Uni in mehrstündigen Exkursionen und Führungen zu Gast auf der Domäne. Dies dokumentiert eindrücklich wie Lehre, Forschung und Umsetzbarkeit in der Praxis zusammenwirken und sich gegenseitig “befruchten“ können. Sanierte Gebäudekapazitäten, u.a. im Fachwerkhausstil und seit Sommer 1998 unter Denkmalschutz, stehen auf der Domäne auch für ein- oder mehrtägige Seminare zur Verfügung. Um dies anbieten zu können, sind neben den in der Landwirtschaft arbeitenden Fachkräften auch Servicekräfte in Hauswirtschaft, Bauunterhaltung, Versuchswesen, Hofladen, Büro und für Öffentlichkeitsarbeit beschäftigt. Neben der etwa 20-köpfigen Belegschaft gibt es noch 6 Azubis, Saisonarbeitskräfte und eine FÖJ-Stelle im Wirtschaftsbetrieb.

Zukunftsperspektive

Da die Domäne immer nur über Pachtverträge genutzt wird, ist es positiv zu sehen, dass über eine erneute Pachtvereinbarung mit dem Land Hessen die Zukunft für weitere 18 Jahre gesichert ist. Dies ist umso wichtiger, damit nicht nur der große Maschinenpark weiterhin im Einsatz ist, sondern auch die inzwischen zahlreichen sanierten Gebäude eine nachhaltige Nutzung erhalten.


Unser Dank geht abschließend an Frau Mittelstraß, seit 2009 mit einer Planstelle dem Betrieb verbunden und zuständig in der Bereichsleitung für Direktvermarktung, Seminarhaus, GemüseSelbstErnte für die professionelle Führung beim Rundgang in ein Leuchtturmprojekt, welches in die Region strahlt in Kooperation mit der Universität Kassel.

Hoffest der Staatsdomäne am 2. Juli 2023

Alle Interessierten sind herzlich zum großen Hoffest der hess. Staatsdomäne Frankenhausen eingeladen!

Text: Ede Borschel